Literaturhaus, Vortragssaal
Lesung, VortragEintritt frei, Spenden willkommen
Als Elias Canetti 1981 den Literaturnobelpreis erhielt, war dies für die meisten eine Überraschung, galten doch Doris Lessing und Gabriel Garcia Márquez als Favoriten; Lessing erhielt ihn im hohen Alter 2007, Márquez ein Jahr nach Canetti. 1981 waren viele seiner Bücher in der Welt als Übersetzungen nicht mehr lieferbar, und im deutschen Sprachraum hielt sich der Erfolg, auch nach dem Büchnerpreis 1972, in Grenzen.
Geboren wurde Elias Canetti in der ehemals türkischen, dann bulgarischen Provinzstadt Rustschuk als erstes von drei Kindern spanisch-jüdischer Eltern (Spaniolen), die eine spanisch-hebräische Mischsprache (Ladino) bewahrten. 1911 übersiedelte die Familie nach Manchester/England, so daß er die englische Sprache erlernte. Nach dem Tod des Vaters 1913 ging die Mutter mit den Kindern nach Wien, und sie vermittelte ihm Deutsch als „Muttersprache“, die Liebe zu ihr und zur europäischen Literatur, Theater vor allem. In Wien schloß er das Studium der Chemie mit Promotion ab und widmete sich dann ausschließlich der Literatur. 1930/31 entstand sein einziger Roman, „Die Blendung“, dessen dritte Ausgabe 1963 erst, nach 1936 und 1948, einigen Erfolg hatte. Nach der Untersuchung „Masse und Macht“ (1960) und dem Reisebericht „Die Stimmen von Marrakesch“ (1967) waren seine autobiographischen Texte „Die gerettete Zunge“ (1977), „Die Fackel im Ohr“ (1980), „Das Augenspiel“ (1985) am erfolgreichsten.
In seiner Bankettrede zur Verleihung des Nobelpreises nannte er Wien, London (Exil seit 1938) und Zürich als die drei ihn am meisten prägenden Städte und Karl Kraus, Franz Kafka, Robert Musil und Hermann Broch als die Autoren, denen er seine Schriftstellerexistenz verdanke.
Als Autor lebte Canetti äußerst zurückgezogen und gab kaum Interviews. Als charakteristisch für einen Schriftsteller sah er dessen „Tod-Feindschaft“. „Mein Haß gegen den Tod setzt ein unaufhörliches Bewußtsein von ihm voraus; es wundert mich, wie ich so leben kann.“
In seinen autobiographischen Texten vor allem bewahrte er das, was Mitteleuropa vor den Weltkriegen, dem Holocaust und der Spaltung in Ost und West ausmachte: Einheit in der Vielfalt und ein Nebeneinander von Kulturen und Sprachen. Canetti starb 1994 in Zürich und fand seine letzte Ruhe in einem Ehrengrab neben dem von James Joyce.
Veranstalter Elisabeth-Langgässer-Gesellschaft und Gesellschaft zur Pflege und Verbreitung deutschsprachiger jüdischer Dichtung e. V. und Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit e. V.