Literaturhaus, Schauraum
AusstellungEintritt frei
"Scharfe rote Type" (2008), Motiv aus der Werkserie "Der Weihnachtsmann ist überall".
Er ist eine Idee, ein Konstrukt, ein säkularer Heiliger. Er ist immer lieb, nett, umgänglich, edelmütig und so unverdrossen wie ausdauernd unterwegs. Allerdings nur im Dezember. Er personifiziert Fleiß, Treue, Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit. Darüber hinaus ist er ein Held der Gemütlichkeit.
So möchten wir ihn sehen. Aber ist er wirklich so? Ist das Bild vom Weihnachtsmann der Moderne korrekt und vollständig? Nein! Der Vielgestaltigkeit des Lebens wird dieses Bild nicht gerecht. Das Geschöpf mit dem unbestimmbar hohen Alter führt von Januar bis November ein Leben mit lästigen Zumutungen und kleinen Freuden wie wir alle. Der olle Zipfelmützentyp steht sommers auch mal in der langen Reihe vorm Arbeitsamt, kämpft mit passenden neuen Beinkleidern und ist – keineswegs nebenbei – auch Mann. Viel stärker als bisher wahrgenommen ist er der Weiblichkeit zugetan. Sehnsüchte, bisher nie thematisierte Träume und emotionale Tiefen tun sich auf -- schaut man mal genauer hin.
Der Darmstädter Wort- und Bildkünstler PH Gruner tut dies seit langer Zeit. Und greift dabei auf eine alte Technik zurück, nur scheinbar überholt durch das aalglatt Perfekte des digitalen Bilddesigns: die Technik der Papier-Montage. Gruner schneidet die 4,6 Zentimeter große Weihnachtsmann-Darstellung auf der Geschenkpapierrolle sorgsam aus und montiert das Weihnachtsmännlein in andere Bildinhalte hinein, absichtsvoll genau dort hinein, wo ihn bis dato niemand sah, niemand sehen mochte. Demonstriert wird: Der Mann könnte überall stecken. Tatsächlich. Er ist mitten drin in allem Menschlichen. Er ist unter uns. Nicht nur zur Weihnachtszeit.